Interview mit Bessem Lamari von der Pinsa Manufaktur in Stuttgart: Wie ist es der Branche in der Krise ergangen?

Mehr als 14 Monaten sorgte die Coronakrise in Deutschland bereits für Aufruhr. Nicht nur, dass das Virus eine echte Gefahr für die Gesundheit unserer Gesellschaft darstellt, sondern auch, dass die Krise enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft hatte und auch immer noch hat, beunruhigt die Bevölkerung. Besonders hart trifft es dabei unter anderem die Gastronomiebranche. Monatelang mussten die Türen für die Gäste komplett geschlossen bleiben. Wir haben mit Herrn Lamari von der Pinsa Manufaktur in Stuttgart gesprochen, um uns ein Bild von der aktuellen Lage in der Branche machen zu können.

Pinsa Manufaktur

Die Pinsa Manufaktur ist ein beliebtes Restaurant in Stuttgart. Kurz bevor wir das Wort „Corona“ 2019 zum ersten Mal zu hören bekommen haben, haben sie für ihre Gäste die Türen zu dem schnuckeligen Gastraum mit besonderem Charme geöffnet. Sie bieten eine ganze spezielle italienische Speise an: die Pinsa. Auf den ersten Blick mögen viele sicherlich meinen, es handelt sich hierbei einfach um eine Pizza, aber das stimmt so nicht!

Man sagt, das Rezept hat ihren Ursprung in Rom. Die Mischung von Weizenmehl, Sojamehl, Reismehl und Sauerteig stammt noch aus der antiken römischen Tradition. Dieser Teig ist weniger fest, als der einer Pizza. Sie soll sehr viel feiner und auch bekömmlicher im Geschmack sein. Wer es selbst mal probieren möchte, kann in der Pinsa Manufaktur auch ganz einfach Teiglinge bekommen oder eine fertig gebackene Pinsa bestellen.

Wie ist es dem Team der Pinsa Manufaktur in den letzten Monaten ergangen?

Im September 2019 war die große Neueröffnung und schon im Januar 2020 freute sich das Team über seine grandiose Leistung als 9-facher Gewinner des Diner’s Choice Awards – „und danach war es vorbei“, so Bessem Lamari. Glücklicherweise waren sie vorab seit der Eröffnung bis zum Lockdown durchgehend ausgebucht und konnten somit schon einmal eine gute Basis vorab schaffen. Ein weiterer großer Vorteil im Lockdown war Lamari zufolge auch das Produkt selbst. Das Pizzasegment habe schließlich das meist bestellte Produkt nach Hause – allerdings ist es ja keine typische Pizza und das bieten sonst eben nicht viele andere an. „Nichts desto trotz war es erstmal ein Schlag ins Gesicht und eine große Veränderung“. Außerdem fehlte es einfach an Lobbyverhalten und entsprechender Unterstützung von dieser Seite. Das sei schade und macht natürlich traurig, so Lamari, vor allem, da man ja nicht wisse, ob die Gastronomie nun tatsächlich ein Infektionsherd war oder nicht.

Es wurde so viel in Hygienekonzepte investiert, und dann…

„Nachdem es nach dem ersten Lockdown wieder aufging, hat man der Gastronomie große Hoffnungen gemacht. Jeder hat investiert, jeder hat versucht sich anzupassen, jeder hat versucht, es dem Staat recht zu machen und dann liegt nach zwei Monaten wieder alles brach. Der Staat meinte dann, es sein nur ein kurzer Lockdown, aber aufgemacht haben wir erst letzte Woche am Donnerstag!“.

Wie sieht es jetzt aus, wo alles wieder etwas lockerer wird?

Die Pinsa Manufaktur kann weiterhin nur Speisen zur Abholung und Lieferung anbieten. Der Grund: sie haben keinen Außenbereich und nur einen sehr kleinen Gastraum, erklärt Bessem Lamari. Normalerweise macht genau das das Flair aus, so ein bisschen „wohnzimmermäßig“, wie er selbst es beschreibt. Aber so könne man das Restaurant eben nur für maximal 15 Gästen öffnen und das sei absolut nicht wirtschaftlich. Deshalb heißt es nach wie vor abwarten und Liefer- und Abholbestellungen zubereiten.

Wie war die staatliche Unterstützung in der Zeit?

„Viele Gastronomen haben gesagt, die Hilfen und alles seien sehr verspätet gewesen. Tatsächlich kann ich das so nicht bestätigen. Wir haben ziemlich on point alle Formulare abgeliefert und dann auch zügig das Geld bekommen“, berichtet er.

Bessem, was denkst du? Werden Ghostkitchens nun ein neuer Trend?

„Ja, auf jeden Fall. Wir bauen gerade seit der zweiten Krise parallel schon ein zweites Restaurant in Ludwigsburg. Eigentlich war das schon viel früher geplant, aber dann ging das nicht, wegen Corona. Wir hoffen, das Restaurant dann in der ersten Juli Woche eröffnen zu können. Geplant ist es dann, tatsächlich auch eine Ghostkitchen zu

machen“.  Die Menschen sind sehr viel bequemer geworden und haben sich sehr daran gewöhnt. Deshalb solle man auch für den bestehenden Betrieb der Pinsa Manufaktur diesen Sektor der Abholung und Lieferung nicht schleifen lassen und den weiteren Point of Sale zukünftig auch nach der Krise genauso nutzen, wie in der Krise auch.

Wie war die Auslastung in der Pinsa Manufaktur? War Kurzarbeit ein Thema?

Zu Beginn der Krise mussten auch in der Pinsa Manufaktur drei Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen, erzählt Lamari, nach einem Monat wurden dann aber alle zurückgeholt, die einen Führerschein besitzen, so wurden Sie dann zu Fahrern umgesattelt.
Glücklicherweise haben es Bessem Lamari uns sein Team auf diese Weise auch geschafft, nicht einzubrechen, sondern den Status quo dennoch zu halten.

Hat man trotz allem große Existenzängste in so einer Krise?

„Definitiv! Weil du nicht weißt, was morgen passiert. Trotz aller Umstellungen kannst du das eigentliche Geschäft nicht führen“, erklärt Lamari, „die Sicherheit wurde uns genommen“. Man überlege bei allem fünf Mal, wofür man das Geld ausgibt.

Wie hält man dem Ganzen dennoch immer stand?

Bessem klingt positiv: „Immer weitermachen, immer, immer! Immer weiter daran festhalten und 100% geben und am Ende des Tages lieber zwei Stunden länger arbeiten, aber dafür niemals aufhören zu kämpfen“. Es müsse immer eine Lösung geben für seine Leidenschaft.

Wie hat die Krise sich auf das Social Media Marketing in der Gastronomiebranche ausgewirkt?

„Wir haben einen Gang hoch geschaltet im Social Media Bereich“, berichtet er, „denn gerade die Social Media affinen Menschen sitzen den ganzen Tag mit ihrem Smartphone in der Hand und somit ist die Verbindung definitiv da. Deshalb haben wir auch den Großteil unserer Werbekraft darein gesteckt“. Leider kann man dabei momentan fast ausschließlich auf Produktbilder gehen und nicht so sehr auf Emotionen, glückliche Kunden und besetzte Tische.

Was sind die nächsten Schritte, wenn auch der Gastraum wieder öffnen kann?

  1. Gastraum herrichten
  2. Hygienekonzepte umsetzen
  3. Den Fokus erstmal wieder umlegen auf die Gästebetreuung, Take-Away wird dann wieder eher hintenangestellt, denn das ist ja aktuell sowieso sehr eingestellt und trainiert.

Wie wird sich die Krise nun langfristig auf die Krise auswirken?

„Die Mietpreise in der Stadt müssen sich definitiv ändern“, meint Lamari. Die Gastronomie konnte die Mieten in den vergangenen Jahren erbringen, die der Einzelhandel z.B. nicht habe erbringen können. Deshalb habe es einen deutschlandweiten Wandel gegeben. Nun müssen sich seiner Meinung nach die Eigentümer sicherlich mit den Preisen anpassen.

Wie kann ich die Pinsa mal probieren?

Auf einer klassischen Bestellplattform findet man die leckere italienische Speise im Raum Stuttgart nicht. Die Pinsa Manufaktur hat binnen kürzester Zeit ihr ganz eigenes, gut funktionierendes System aufgebaut. Schau einfach mal vorbei und gib deine Bestellung auf!

Wir bedanken uns für das interessante Gespräch und drücken die Daumen, dass auch die Pinsa Manufaktur bald wieder Gäste vor Ort empfangen kann und wünschen bis dahin noch weiterhin so viel Durchhaltevermögen und Positivität wie bisher!

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