Gastro-Trend: die neue Gemüseküche

Von der Beilage zum Hauptbestandteil, vom Nebendarsteller zum Protagonisten: Gemüse ist der neue Star in der deutschen Gastronomie. Ein Erlebnis nicht nur für Vegetarier!

Vom Nebendarsteller zum Protagonisten

Bislang spielte das Gemüse in Restaurants – von vegetarischen Konzepten einmal abgesehen – eine eher untergeordnete Rolle, ein Tellergericht wurde vor allem durch Fleisch und Fisch definiert, alles andere gruppierte sich drum herum. Im Zuge bewussteren Konsums tierischer Produkte (Stichwort: weniger, aber besser) rückt die Beilage Gemüse logischerweise stärker in den Fokus, und einher damit geht auch der Umgang mit der grünen Zutat. Immer nur weichkochen war gestern: Die Verbindung von kreativem Umgang mit Gemüse und die Verwendung moderner Küchentechnik bringt hocharomatische Ergebnisse hervor, die Gäste begeistern.

Zwiebelstaub, Smoker-Sellerie, fermentierte Radieschen

Drei Beispiele aus Berlin: Im Restaurant „Gärtnerei“ wird unter anderem ein Zwiebelstaub hergestellt, indem Zwiebeln zunächst in einer Consommé gekocht werden, bis sie die Flüssigkeit maximal aufgenommen haben, dann werden sie tagelang in den Dehydrator gegeben und anschließend im Thermomix fertig verarbeitet. Ein typisches Gericht der „Gärtnerei“ heißt „Artischocke – Majoran-Tomaten-Dip – Kartoffelcreme“ oder „Kalbsbrust – Paprika-Tomaten-Brotsalat – Schwarzer Knoblauch – Bärlauch“, denn Fleisch und Fisch gibt es trotz Gemüsefokus hier auch. Die Kollegen im „BRLO Brwhouse“, einem modernen Brauhaus, das vor allem mit Gemüse statt mit Fleisch zum Bier arbeitet, bieten zum Beispiel „Sellerie aus dem Smoker mit Apfel-Sellerie-Glasur, grünem Apfelkompott, Senfcreme und gesalzenem Walnusscrumble“ an, „Kohlrabitaschen mit Ricotta, Gartenkresse, Bergamotten-Kohlrabi-Tapioka und Senfgurke“ oder „Wilder Brokkoli mit geräucherter Brokkolicreme, fermentierten Radieschen, Brokkolicrumble und Schafskäse“. Als Hauptgänge, wohlgemerkt: Wer Fleisch essen möchte, bestellt es sich einfach dazu. Das Berliner Restaurant „Cookies Cream“, das schon seit zehn Jahren vegetarische Gemüseküche anbietet, hat 2017 für seine Küche einen Michelin-Stern erhalten – und hat nach eigenen Angaben 80 Prozent Nichtvegetarier als Gäste.

Gemüseküche: ein Trend fürs ganze Land

Die neue Gemüseküche ist kein reiner Großstadttrend. Ganz im Gegenteil: Schließlich hat jede Region besondere Gemüsespezialitäten und Speisen zu bieten, die darauf beruhen. Und der Wunsch nach einer gesunden, leckeren Küche sowie nach regional-saisonalen Produkten besteht überall. Ob im Szenerestaurant oder in der Betriebskantine: Überall kann Grün punkten. Es gilt allerdings, sich mit den Produkten auseinanderzusetzen, zu experimentieren und besondere Geschmackserlebnisse – zum Beispiel Röstaromen wie beim Fleisch – zu schaffen. Alte Techniken wie die Fermentation, präzises Garen (das Bissfestigkeit bewahrt) und vieles mehr spielt hier hinein. „Gemüse ist der neue Star auf den Tellern. Und mit Stars pflegt man einen leidenschaftlicheren und zugleich achtsameren Umgang“, schreibt die Trendforscherin Hanni Rützler in ihrem „Food Report 2018“. Dem kann man sich nur anschließen.

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