Da kann die Speisekarte noch so überzeugend, das Gästeaufkommen noch hoch sein: Der Erfolg einer Gastronomie misst sich letztlich an den Finanzen. Und Umsatz ist eben nicht alles. Nur wer die Kennzahlen kennt, sie im Blick hat und trotzdem noch für möglich hält, etwas zu übersehen, ist auf der sicheren Seite. Wir geben Tipps für einen ungetrübten Blick in Richtung Jahresabschluss.
Finanz-Check aus Gewohnheit
Der Griff zu Chipstüte am Abend, die Zigarette zum morgendlichen Kaffee, das Kratzen am Kinn in Stresssituationen: ganz typische Gewohnheiten, die sich jedoch nur schwer wieder austreiben lassen. Der Wille allein reicht dafür nicht. Was das mit der gastronomischen Finanzplanung zu tun hat? Sie sollte ebenfalls zur Gewohnheit, zur reinen Routine werden. Wenn der tägliche Blick auf die Kennzahlen sich in die Aufzählung erwähnter Laster eingereiht hat, hat man so gut wie gewonnen. Das mag gerade am Anfang Zeit, Kraft und Energie kosten, zahlt sich aber aus. Spätestens wenn sich das Finanzamt meldet und um zügige Nachzahlung bittet.
Das bedeutet natürlich, dass die Arbeit mit der Verabschiedung des letzten Gastes und dem Kassenschluss noch nicht getan ist – der tägliche Report steht noch bevor. Da hinein gehören mindestens folgende Kennzahlen: Tagesumsatz, Anzahl der Gäste pro Stunde, meist- und am wenigsten verkaufte Getränke und Speisen, gar nicht verkaufte Getränke und Speisen, durchschnittliche Höhe des Bons. Weitere relevante Größen betreffen den Wareneinsatz und die Menge weggeworfener Reste und den Personaleinsatz. Kurzum: Es ist viel Holz.
Der Aufwand verringert sich jedoch schnell, wenn die Küche schon im Tagesverlauf den Wareneinsatz und entsorgte Lebensmittel (im so genannten Schwundbuch) dokumentiert und wenn der Personalaufwand durch das Team selbst erfasst wird – was heutzutage schon fast die Regel ist. Händische Berechnungen von Werten sind an dieser Stelle übrigens nicht zu empfehlen, sie sind zu fehleranfällig. Es gibt für diese Zwecke zwar eine Vielzahl von Excel-Vorlagen. Die sind aber ebenfalls keine optimale Lösung, dazu später mehr. Nicht quantifizierbar, aber trotzdem hilfreich sind außerdem Freihand-Notizen in wenigen Stichworten. So lässt sich zum Beispiel das generelle Stresslevel des Personals in Küche und Service einschätzen (subjektiv ist besser als gar nicht), aber auch explizite Anmerkungen der Gäste (z.B. Lob oder Unzufriedenheit) können hier dokumentiert werden. Um auch langfristig einen Überblick zu behalten, sollten zudem zusammenfassende Reports in größeren Intervallen erstellt werden: monatlich, wöchentlich, auf Quartalsbasis.
Break-Even auf Tagesbasis
Diese Reports reichen zur Erfolgskontrolle und vorausschauenden Finanzplanung natürlich nicht aus. Erst wenn die Kosten miteinbezogen werden, lässt sich ermitteln, was am Tagesende übrig bleibt. Personalkosten können zwar täglich erfasst werden, doch fallen genau wie zum Beispiel die Miete nur monatlich an, Beschaffung findet je nach Bedarf und Saison in unterschiedlichen Abständen und mehrteilig statt. Weil der Großteil der Kosten somit nicht auf Tagesbasis anfällt, muss ein rechnerischer Umweg gegangen werden. Die Ausgaben eines Monats werden durch die Zahl der Öffnungstage geteilt. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Öffnungsdauern sollte rechnerisch keine allzu große Schwierigkeit darstellen und wird ebenfalls miteinbezogen. Das Ergebnis stellt den täglich erforderten Umsatz dar, der zur Deckung der Kosten (des letzten Monats!) benötigt wird.
Diese Betrachtung des täglichen Break-Even ist sehr ratsam – doch letztlich nur rudimentär. Die Kür besteht darin, die Berechnung des Break-Even auf Basis des täglichen Reports zu aktualisieren führt. Denn einerseits muss der unzureichende Umsatz des einen Tages in den darauffolgenden Tagen ausgeglichen werden, erhöht also den täglich benötigten Umsatz der Folgetage. Andererseits sinken jedoch die variablen Kosten zu individuellen Anteilen mit dem Umsatz: So sinkt zum Beispiel der Wareneinsatz meist relativ linear zum Umsatz, während eine nicht benötigte Service-Kraft aber erst nach einigen Arbeitsstunden nach Hause geschickt wird. Und der Koch kann gar nicht gehen, vielleicht möchte ja doch noch jemand etwas essen. Spätestens jetzt dürften die meisten Excel-Vorlagen zur gastronomischen Finanzplanung, die das Internet zu bieten hat, an ihre Grenzen stoßen. Wenn nicht in den Möglichkeiten, so doch zumindest in der Übersichtlichkeit – womit wir beim nächsten Punkt wären.
Digitale Tools und gute Beratung – eine lohnenswerte Investition
Aufgrund der Besonderheiten im Gastgewerbe – es fängt schon mit unterschiedlicher Mehrwertsteuer für Tisch- und Außer-Haus-Bestellungen an – stoßen Branchen-unspezifische Tools für Personalplanung, Finanzen und Buchhaltung schnell an ihre Grenzen.
Mittlerweile gibt es jedoch eine Vielzahl von Anbietern, die sich komplett auf die Gastronomie spezialisiert haben oder zumindestauf das Gastgewerbe zugeschnittene Lösungen anbieten. Günstig sind sie nicht, aber in Sachen Genauigkeit und Aussagekraft schlagen sie jede verfügbare Excel-Vorlage um Längen. Der größte Vorteil besteht in den potenziellen Schnittstellen zur Kassensoftware, zur Lohnbuchhaltung, zur Rechnungserfassung und zur Personaleinsatzplanung. Auch kalendarische Besonderheiten wie Stadtfeste und sogar Wettervorhersagen können in solche Tools eingespeist werden, um präzise, finanzielle Aussagen und Prognosen zu erstellen.Und dann ist da noch der Steuerberater als letzte entscheidende Einflussgröße zwischen Gastronomie und Finanzamt. Ein guter Steuerberater ist nicht bloß für das Weiterreichen von Papieren zuständig. Er kennt die Eigenheiten der Gastronomie-Branche und weiß aktuelle Zahlenlagen zu interpretieren. Er gibt Ratschläge und Alarm, wenn finanzielle Gefahr im Verzug ist. So jemanden zu finden ist nicht ganz leicht und auch der Kostenpunkt ist nicht zu unterschätzen. Am Ende ist man jedoch froh, ihn zu haben.
Abschließende Faustregeln: Rücklagen, Sparfallen und Kredit-Finanzierungen
Egal wie gut die Finanzplanung ist: Ungeahnte Engpässe sind nie auszuschließen. Die Bildung von Rücklagen ist daher unbedingt zu empfehlen. Größte Vorsicht gilt auch bei Einsparungen: Die Reduktion von Kosten in finanziellen Notlagen ist ein verbreiteter, unternehmerischer Reflex, doch nicht selten der Beginn einer Abwärtsspirale. Im Gastgewerbe gehen Einsparungen von Kosten fast immer mit einer Verminderung der Produktqualität oder einer Verschlechterung des Service einher. Der Umsatz wird sich dadurch sicher nicht erhöhen. Gute Beziehungen zu Lieferanten ermöglichen hingegen flexible Zahlungsmodalitäten, die besser über temporäre Einbußen hinweghelfen können.
Und dann sind da noch die Verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen Geldgebern, denen sich vor allem junge Gastronomien gegenüber sehen. Dieses Kredite wurden auf Basis eines Businessplans ausgegeben. Dementsprechend sollte der Businessplan einmal pro Quartal auf seine Aktualität hin geprüft werden und entsprechend angepasst werden. Diese Anpassungen dienen weniger der Absicherung der Kreditgeber, sondern fördern vielmehr das Vertrauen, das in schwierigen Situation rettend sein kann. Nicht zuletzt hilft es auch dem Gastronomen selbst, sich mit wichtigen grundsätzlichen und strategischen Fragen auseinanderzusetzen, die im stressigen Arbeitsalltag oft zu weit in den Hintergrund rücken. Doch wer es tut, verschafft sich langfristig mehr Freiraum und Sicherheit.